STAMBUL – Die türkische Medienaufsichtsbehörde hat den Zugang zu den türkischen Diensten des öffentlich-rechtlichen US-Senders Voice of America und des deutschen Senders Deutsche Welle gesperrt, was zu Kritik an der Zensur führte.
Der Hohe Rundfunk- und Fernsehrat hat im Februar einen Beschluss erlassen, wonach internationale Medien, die türkischsprachige Fernsehinhalte online ausstrahlen, eine Sendelizenz beantragen müssen. Ein Gericht in Ankara hat am späten Donnerstagabend entschieden, den Zugang zu den Websites der staatlichen Deutschen Welle und Voice of America zu beschränken.
Beide Websites waren am Freitag in der Türkei nicht zugänglich. Die Deutsche Welle erklärte in einer Erklärung, dass sie die Lizenzanforderungen nicht erfüllt, weil dies „der türkischen Regierung die Zensur redaktioneller Inhalte ermöglichen würde“.
Der Vorstandsvorsitzende Peter Limburg sagte, dies sei dem türkischen Rundfunk- und Fernsehrat, kurz RTUK, im Detail erläutert worden.
„So sind beispielsweise die in der Türkei lizenzierten Medien verpflichtet, Online-Inhalte zu entfernen, die RTUK als inakzeptabel ansieht. Das ist für einen unabhängigen Fernsehsender einfach nicht hinnehmbar. Die DW wird wegen der jetzt erfolgten Sperrung klagen“, so Limburg.
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Das Medienunternehmen will die türkische Position vor Gericht anfechten. Neben der DW war auch der Radiosender Voice of America von der Sperrung betroffen.
Vor einigen Monaten verlangte RTÜK von ausländischen Sendern, dass sie eine Lizenz für Internet-Rundfunk beantragen. Laut DW würde ein solcher Schritt „der türkischen Regierung erlauben, redaktionelle Inhalte zu zensieren“ und wäre „inakzeptabel für unabhängige Medien“. Die Position des Unternehmens sei „in einem umfangreichen Schriftverkehr und sogar in einem persönlichen Gespräch mit dem Vorsitzenden“ der türkischen Medienaufsichtsbehörde dargelegt worden, betonte DW-Geschäftsführer Peter Limbourg.
Die Deutsche Welle und Voice of America haben im Februar angekündigt, dass sie keine Lizenzen in der Türkei beantragen werden. Die türkische Forderung stützt sich auf eine gesetzliche Bestimmung, die 2019 in Kraft getreten ist. Im selben Jahr eröffnete die DW in der Türkei ein Büro nach türkischem Recht.
Unterdessen forderte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) die türkische Seite auf, die Maßnahmen gegen die Deutsche Welle unverzüglich aufzuheben. „Das Verbot der DW lässt sich nur mit der Willkür von Erdogans Autokratie erklären“, sagte DJV-Vorsitzender Frank Überall. Die Menschen in der Türkei müssen wieder Zugang zu einem unabhängigen Journalismus erhalten, betonte Überall.
Die Türkei hat in den letzten Jahren die Kontrolle über die Medien verschärft. RTÜK hat das Recht, von lizenzierten Medienunternehmen die Entfernung von Online-Inhalten zu verlangen, die die Agentur für inakzeptabel hält. Laut Reuters sind rund 90 Prozent der Mainstream-Medien des Landes inzwischen mit dem Staat verbunden.